Der erste Monat liegt hinter mir. Ich lebe jetzt in einer neuen Zeitrechnung, sozusagen n.Ge* wie Leute mir glauben machen wollen, die ihr Leben nur noch in ein Davor und ein Danach teilen, sobald das erste Kind geboren ist. Keine Frage, so ein Kind ist ein einschneidendes Erlebnis, aber eben auch kein Tsunami. Es hat sich über mehrere Monate angekündigt und durch verschiedenste Instrumente stetig bemerkbarer gemacht. Ich persönlich kann dem verbalen Getöse nichts abgewinnen. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Der Kleine ist zuckersüß und hat unsere Herzen schnell erobert, aber es muss dennoch erlaubt sein zu sagen, das zuviel einfach zuviel ist. Ich persönlich begrüße es sehr, dass Frauen heute nicht mehr auf das Kinder bekommen reduziert sind. Sie besitzen heute Qualifikationen und Bedürfnisse, Fähigkeiten und Wünsche, die sie nach mehr streben lassen. Heute muss keine Frau mehr ihr Leben lang mit Geschichten von der Geburt ihrer Kinder alle An(Verwandten) tausendfach langweilen. Es werden nicht die einzigen Höhepunkte in ihrem Leben bleiben. Diese Aussicht stimmt mich versöhnlich mit der jetzigen Situation: Zu Hause und in der Kernarbeitszeit allzeit zuständig für den Nachwuchs zu sein. Ich habe mich dazu entschlossen 12 Monate Elternzeit zu nehmen und somit den weit größeren Anteil der zustehenden 14 Monate nutzen. Ich könnte jetzt sagen, weil es nicht anders geht. Das erscheint uns so, aber ob es stimmt, weiß ich bis heute nicht. Und dennoch klage ich auf hohem Niveau, denn das Büro des Dritten im Bunde befindet sich in den Betreuungsräumen und so kann er unterstützend eingreifen. Macht er auch. Purer Luxus im Vergleich zu den Werktätigen, die morgens pünktlich aus dem Haus müssen und erst nach vollschichtiger Tätigkeit zurückkehren.
Und dennoch bin ich einiges entfernt von den Vorstellungen einer emanzipierten Familie, die Lisa Ortgies in einem Plädoyer zusammengefasst hat. Dieses Plädoyer erscheint Mitte August im Buchhandel und ich bin mir sicher zwischen den Buchklappen lassen sich viele kluge Gedanken finden. Denn vor kurzem konnte ich mich auf einer Veranstaltung der FES davon überzeugen, dass sie viele Ideen für eine gerechtere und zugleich organisierbarere Familienarbeit zusammengetragen hat. Ich bin gespannt und habe es daher schon vorbestellt.
Wieviel ich zum Lesen komme, hängt von meinem Organisationstalent ab. Ich verabscheue zwar den Begriff der Familienmanagerin, nicht weil ich ihn für falsch halte – hier ist viel zu managen und oft müssen drei Dinge mit einer freien Hand erledigt werden – sondern, weil er zu oft missbraucht worden ist. Ich brauche keine verbale Aufwertung meiner derzeitigen Tätigkeiten aus konservativer Ecke. Denn die meint damit meist, ich könnte bei diesen Aufgaben bleiben. Das wollen aber immer weniger Frauen. Das Modell Hausfrau wird ebenso abgelehnt, wie die Supermutti, die alles kann. Insofern freue ich mich auf das „Plädoyer für eine emanzipierte Familie“, denn ich erwarte die Beschreibung des goldenen Mittelweges. Nicht mehr und nicht weniger!
* nach Geburt